English castellano (November
2009)
Marly Winckler ist Präsidentin der Vegetarischen Gesellschaft von Brasilien (SVB), Gründerin von vegetarianismo.com.br und Koordinatorin für Lateinamerika und die Karibik für die International Vegetarian Union (IVU). Marly ist Soziologin und lebt in Florianópolis in Brasilien.
1) Wann wurdest du Vegetarierin und wann Veganerin?
Marly Winckler ist Präsidentin der Vegetarischen Gesellschaft von Brasilien (SVB), Gründerin von vegetarianismo.com.br und Koordinatorin für Lateinamerika und die Karibik für die International Vegetarian Union (IVU). Marly ist Soziologin und lebt in Florianópolis in Brasilien.
1) Wann wurdest du Vegetarierin und wann Veganerin?
Vegetarierin
ungefähr 1983 und vegan nach dem International
Vegan Festival 1995 in San Diego (USA). Ich brauchte ungefähr zwei Jahre bis ich eine vegane Ernährung vollkommen umsetzen konnte. Ich lebte zu der Zeit in Rio de Janeiro und ich kannte in ganz Brasilien keinen einzigen Veganer.
2) Ich würde sagen, die vegane Bewegung
in Brasilien ist die größte und stärkste in Lateinamerika und wahrscheinlich
eine der stärksten der Welt. Könntest du etwas zur veganen Bewegung in
Brasilien sagen?
Man
sieht natürlich einen großen Unterschied seit der Zeit, als ich selber vegan
wurde, aber es gibt immer noch viel zu tun. Etwas, das wirklich große
Auswirkungen hatte, war der 36. World
Vegetarian Congress, den wir 2004 in Florianópolis organisierten und der
viele Aktivisten sehr bewegte und ermutigte – und viele von ihnen wurden
dadurch vegan, nachdem sie schon zuvor viele Jahre Ovo-Lacto-Vegetarier gewesen
waren. Danach gab es eine wahre Explosion von Internetseiten, viele
„Kollektive“, viele Gruppen verschiedenster Art, die alle versuchten und
versuchen Vegetarismus und Veganismus zu verbreiten. Das ist es, was eine
starke Bewegung ausmacht – und in vielerlei Hinsicht wächst unsere Bewegung immer
noch.
Die
SVB ist in Gruppen und Abteilungen organisiert – wir haben jetzt ungefähr 30
Gruppen in ganz Brasilien, mit Mitgliedern in mehr als 100 Städten. Es ist
nicht einfach eine „große“ Organisation nur mit unbezahlter, freiwilliger
Arbeit zu führen, aber im Moment machen wir das noch, obwohl ich mir vorstelle,
dass wir in Zukunft zumindest die Verwaltung in bezahlte Positionen umwandeln
müssen. Aber ich glaube, das wird sich mit der Zeit entwickeln – und ich glaube
auch, dass wir finanzielle Mittel nicht an erster Stelle sehen sollten. Wenn
wir das Richtige tun, werden auch die finanziellen Mittel kommen.
Wir
organisieren viele Aktionen und Veranstaltungen. Alle zwei Jahre haben wir einen
brasilianischen vegetarischen Kongress und der nächste und dritte Kongress wird
in Porto Alegre, der Hauptstadt des „Barbecue-Staats“ von Brasilien,
stattfinden [Der Kongress fand 2010
statt].
Salao Vegetariano –
„vegetarischer Pavillon“ – steht auch immer auf unserem Programm, zwei davon
fanden schon statt und bald wird es einen dritten davon geben. Diesen Pavillon
organisieren wir in einer der größten Handelsmessen in Lateinamerika – der Natural Tech and Bio Brazil Fair in Sao
Paulo, zu der jedes Jahr ca. 20.000 Leute kommen. Wir haben es geschafft, bei
dieser Messe eine Zone zu bekommen, die ganz dem Vegetarismus gewidmet ist (der
Salao Vegetariano), wo wir eine
Ausstellung veganer Produkte und eine große Bühne für vegane Kochshows haben
und ein Seminar abhalten. Während der letzten solchen Veranstaltung kündigten
wir eine unserer umfassenderen Kampagnen an – Segunda Sem Carne („Meat-Free
Mondays“) – in Sao Paulo, mit der Unterstützung des SVMA, des städtischen
Sekretariats für Umweltschutz. Wir starteten die Kampagne während der
Welt-Vegetarier-Woche am 3. und 4. Oktober und seitdem wächst die Kampagne und
wir erhalten viel Unterstützung.
SítoVEG war
die erste vegetarische Website auf Portugiesisch weltweit. Sie wurde 1998 ins
Leben gerufen. Ich bin die Besitzerin – leider eine aus Zeitmangel etwas
untätige Besitzerin. Aber die Website erfüllt eine ihre Funktion recht gut und
ist für viele ein Bezugspunkt und eine Informationsquelle, mit ca. 5.000
Aufrufen pro Tag.
5) Wie offen sind die Leute in Brasilien
für die Ideen Tierrechte und Veganismus?
In
einer Umfrage erklärten 18% der Brasilianer, dass sie weniger Fleisch essen
wollen. Von diesen Menschen ist ein Teil an Tierrechten interessiert, aber
andere u.a. an den gesundheitlichen Vorteilen und den Auswirkungen auf die
Umwelt. Aber zumindest alle, die Vegetarier werden, werden mehr oder weniger
über alle Argumente für Veganismus und Tierrechte informiert, d.h. es ist
wichtig, dass wir mit allen Aspekten arbeiten.
6) Was ist dein Ansatz für die Verbreitung
von Veganismus? Denkst du „die meisten Menschen werden nie vegan werden“ oder siehst
du das Ganze eher als einen langen Prozess an, bei dem die Möglichkeit besteht,
dass wir irgendwann schließlich ganz damit aufhören werden, Tiere zu „nutzen“
und dass Veganismus dann die Norm sein wird (z.B. über einen Zeitraum von 100
oder noch mehr Jahren)?
Es
ist schwer zu sagen, wann die Menschheit vegan werden wird und ob sie das
jemals werden wird, aber meiner Meinung nach wird das nicht so schnell
geschehen, wie manche sich das vorstellen. Wir sehen, dass die Leute einem
„sanften“ Ansatz gegenüber viel offener sind, einem Ansatz, der ihnen Zeit und Platz
gibt sich selbst zu entwickeln, wie z.B. Segunda
Sem Carne („Meat-Free Mondays“).
7) Wie sieht die Allgemeinbevölkerung in
Brasilien Soja? Wissen die Menschen, dass der Großteil des in Brasilien
angebauten Sojas als Tierfutter und nicht für Sojaprodukte für den menschlichen
Verzehr verwendet wird?
In
Brasilien sind die Leute jetzt sehr offen für Sojaprodukte, weil es gerade echt
eine Lawine an Medienberichten über die gesundheitlichen Vorteile von Soja,
besonders für Frauen, gab. Es ist nicht sehr bekannt, dass die meisten in
Brasilien produzierten Sojabohnen von gerodeten Flächen im Regenwald im
Amazonasgebiet und in anderen Biomen stammen – aber so langsam gelingt es uns
dies und andere Verbindungen aufzuzeigen.
8) Große Teile des Regenwaldes im
Amazonasgebiet werden gerodet, um Futtermittel anzubauen, die dann
hauptsächlich in reiche Länder in Europa oder Nordamerika exportiert werden.
Gibt es in der brasilianischen Allgemeinbevölkerung Wut oder Empörung darüber?
Nein.
Die Menschen sehen generell diese Verbindung nicht.
9) Lateinamerika hat eine Bevölkerung
von ca. 569 Millionen (ca. 191 Millionen in Brasilien). Hast du Ideen oder
Vorschläge, wie verschiedene vegane Projekte in Lateinamerika zusammenarbeiten
könnten?
Eine
Sache, die vegetarische und vegane Gruppen in Lateinamerika tun können, ist,
der UVLA („lateinamerikanische
vegetarische Union“) beizutreten und gemeinsame Aktionen zu planen.
Verschiedene vegetarische/vegane Gruppen können z.B. zusammenarbeiten, um die
Kampagne „Meat-Free Mondays“ zu
verbreiten.
10) Würden Sie gerne sonst noch etwas
erwähnen? Irgendwelche Tipps, Hoffnungen oder Prognosen für die Zukunft?
Ich
hoffe, dass die Arbeit, die ihr in Chile macht [Fuente Vegana],
die Entwicklung des Vegetarismus dort und auch in anderen lateinamerikanischen
Ländern unterstützen kann. Vielen Dank!