Amanda Baker ist der Pressekontakt der
Vegan Society. Sie ist u.a zuständig Social Media und andere Öffentlichkeitsarbeit.
Amanda: Ich würde gerne allen Lesern „Hallo“
sagen. Vielen Dank für diese Möglichkeit mit euch zu „sprechen“ und danke für
euer Interesse an einer pflanzenbasierten Ernährung und Lebensweise.
1)
Seit wann bist du schon vegan und warum wurdest du vegan?
Vor ein paar Jahren entschied ich mich
dafür vegan zu leben. Ich sah mich selbst immer als „Tierfreund“, aber ich
wuchs in einer Fleisch essenden Familie und Kultur auf. Ich wohnte auf dem
kleinen Bauernhof meiner Großeltern bis ich acht Jahre alt war, d.h. ich wusste
schon immer, dass Fleisch eine Bezeichnung für Teile von toten Tieren ist. Aber
ich brauchte viele Jahre bis ich verstand, dass ich die Wahl hatte kein Fleisch
zu essen und dass ich ein gesundes und erfüllendes Leben haben könnte, ohne
Tieren etwas zu nehmen.
Es waren die drastischen Auswirkungen
der Tierhaltung auf die Umwelt, die mir dann endlich den nötigen Anstoß dazu
gaben, mich für eine vegane Lebensweise zu entscheiden.
2)
Die Vegan Society wurde 1944 gegründet. Könntest du uns etwas über die Vegan
Society sagen? Wie viele Mitglieder hat sie, was macht die Vegan Society and
wie war dieses Wachstum von einer Handvoll Leute zu dem, was die Vegan Society
heute ist, möglich?
Die Vegan Society ist im Vereinigten
Königreich als Wohltätigkeitsorganisation (charity)
gesetzlich anerkannt und wird finanziell von ihren Mitgliedern getragen. Wir
haben ungefähr 4.000 Mitglieder in Großbritannien und überall auf der Welt. Wir
bieten allen Menschen gratis Informationen über die Vorteile einer Lebensweise
auf pflanzlicher Basis für Menschen, Tiere und die Erde. Wir haben auch einige
ganz spezifische Projekte. Bei unserem Projekt „Veganes Catering für alle“ (Vegan Catering for All) geht es darum, professionellen
Cateringfirmen zu helfen, auch gutes veganes Essen anzubieten. In unserem
Projekt „Globale Ernährungssicherheit“ (Global
Food Security) kontaktieren wir Landwirte, Erzeuger, Politiker, Entscheidungsträger
und Leute, die in der internationalen Entwicklung arbeiten, um ihnen die
schädlichen Verbindungen zwischen Tierzucht, Hunger und globalem Klimawandel
aufzuzeigen. Unser Projekt „Vegan Pledge“
bietet persönliche Beratung für Leute, die daran interessiert sind, es
auszuprobieren, sich eine Woche oder länger mit Hilfe eines „Email-Mentors“
vegan zu ernähren. Unsere Mitgliederzahlen wachsen hauptsächlich dank unserer
Mitglieder selbst, die unsere Arbeit unterstützen und anderen davon erzählen.
3)
Viele Veganer außerhalb von Großbritannien (und Nordamerika) stellen sich
England fast als eine Art veganes Märchenland vor, mit großen veganen
Festivals, vielen veganen Produkten, Restaurants und vielen komplett veganen
Firmen, bei denen auch die Besitzer vegan sind. Das ist wohl so, weil
Veganismus aus England kommt und dort schon eine längere Geschichte hat. Denkst
du, dass Großbritannien veganfreundlicher ist als andere Länder und könntest du
uns sagen, ob es irgendwelche Statistiken darüber gibt, wie viele Veganer es in
England und Großbritannien gibt?
Wir gehen davon aus, dass es
mindestens 150.000 Veganer in Großbritannien gibt. Es könnte sein, dass Großbritannien
auf dem Gebiet führend ist. Es gibt tatsächlich haufenweise vegane Restaurants
in Großbritannien – und noch viel mehr Restaurants mit guten veganen Optionen –
viele davon in London oder anderen englischen Städten aber auch in anderen
Teilen des Vereinigten Königreichs: Schottland (besonders in Glasgow), Wales
und Nordirland. Aber ich hoffe, das Vereinigte Königreich und alle anderen
Länder können zusammenarbeiten, damit alle Länder immer veganfreundlicher
werden!
4)
Immer mehr Veganer wissen jetzt, dass man Vitamin B12 durch Ergänzungspräparate
oder angereicherte Produkte zusätzlich zu sich nehmen muss. Ist das Vitamin
B12, mit dem Nahrungsmittel angereichert werden, immer vegan? Und gibt es außer
Vitamin D3 (aus Fisch oder Wolle) noch andere Vitamine, bei denen man aufpassen
sollte (da sie eventuell nicht vegan sind), wenn man z.B. ein Vitaminpräparat
oder eine Schachtel Cornflakes kauft?
Um die Vorteile einer gut geplanten veganen Ernährung zu genießen, sollten Veganer das Folgende tun:
Um die Vorteile einer gut geplanten veganen Ernährung zu genießen, sollten Veganer das Folgende tun:
* 2 bis 3 mal pro Tag mit B12
angereicherte Nahrungsmittel essen – mindestens 3 Mikrogramm (μg oder mcg) pro
Tag
oder
* jeden Tag ein B12-Präparat nehmen –
mit mindestens 10 Mikrogramm pro Tag
oder
* jede Woche ein B12-Präparat nehmen –
mit mindestens 2000 Mikrogramm pro Tag
Vitamin B12 wird immer von
Mikrooganismen hergestellt und nach unserem besten Wissen ist so gut wie alles
B12, mit dem Lebensmittel angereichert werden, vegan. Aber man kann bei
eventuellen Zweifeln immer die Firmen direkt kontaktieren, um detailierte
Informationen zum Herstellungsprozess zu bekommen. Viele Firmen reden lieber mit
Kunden als mit der Vegan Society, falls also irgendjemand eine Art von B12
finden sollte, die nicht vegan ist, schickt uns bitte eine E-mail (info[AT]vegansociety.com). Das gleiche
gilt für andere Vitamine (außer Vitamin D3, wie du sagst).
5)
Fallen dir bestimmte Fehler ein, die die vegane Bewegung in Großbritannien
(oder anderswo) gemacht hat, Fehler, die andere anderswo vermeiden könnten?
Sogar in Großbritannien gibt es oft
negative Vorurteile gegenüber Veganern – dass wir ungesund sind oder aggressiv
oder dass wir unsere gesamte Zeit dafür verwenden, mit anderen Veganern
herumzudiskutieren. Wir sind sehr bemüht, die besten Empfehlungen für eine
gesunde vegane Lebensweise bereitzustellen – zusammengefasst in unserer
Broschüre „Pflanzliche
Ernährung“ – und wir bitten alle Veganer, diese Empfehlungen zu lesen,
weiterzugeben und sie in die Praxis umzusetzen, damit wir allen die beste Seite
einer veganen Lebensweise präsentieren können.
In Bezug auf Aggressivität: Natürlich
sind wir alle ganz leidenschaftlich davon überzeugt, dass wir die Grausamkeiten
gegenüber Tieren beenden müssen. Aber ich glaube, dass, wenn wir die Leute überreden
und überzeugen wollen, ihr Leben zu ändern und vegan zu werden, dann müssen wir
Geduld und Mitgefühl für diese Menschen entwickeln. Die meisten Veganer waren
viele Jahre lang Fleischesser – das sollte uns dabei helfen, uns in all die
Menschen einfühlen zu können, die immer noch auf dem Weg zum Veganismus sind.
6)
Könntest du uns etwas zu VEG 1 sagen? Es ist auch in Deutschland und Österreich
erhältlich. Weißt du, ob es auch in anderen Ländern erhältlich ist oder die
Möglichkeit besteht, dass andere es in ihre eigenen Länder importieren?
VEG 1 ist ein
Nahrungsergänzungspräparat, das für Veganer jeglichen Alters geeignet ist. Es
wurde als „Absicherung“ für Veganer entworfen, als kleine Hilfe, um eine
vollkommen ausgeglichene Ernährung zu erreichen. Soweit wir wissen kann jeder,
der Internetzugang hat, VEG 1 über unsere Website bestellen. Wir freuen uns
über alle Anfragen von Leuten, die VEG 1 verkaufen wollen, egal in welchem
Land, aber wir würden nur das VEG 1 liefern und nicht die gesetzlichen Vorschriften
des jeweiligen Landes prüfen. Das müssten die Einkäufer selbst machen.
7)
Die Vegan Society hat ein Film aus dem Jahr 1994 – „Truth or Dairy”. Wissen
Sie, ob es Untertitel zum Film in anderen Sprachen gibt? Gibt bei der Vegan
Society Pläne, noch andere Filme zu machen?
Wir wüssten nicht, dass es Versionen
von „Truth or Dairy“ mit Untertiteln
gäbe, und wir haben im Moment auch keine Textdatei zum Film. Aber wir sind
offen dafür, einen neuen Film zu machen. [Den gibt es mittlerweile: Making the
Connection]
8)
Hast du irgendwelche Tipps oder Ideen, um Veganismus im 21. Jahrhundert zu
verbreiten?
Hört Nicht-Veganern zu, um zu lernen, wie man mit ihnen kommunizieren kann. Wir sollten Gemeinsamkeiten suchen, einen Ansatzpunkt, bei dem man anfangen kann. Erinnern wir uns daran, dass auf Lebensweisen auf pflanzlicher Basis zur Lösung vieler moderner Probleme beitragen können. Wir können uns selbst etwas schlau machen über die Vorteile veganer Lebensweisen, so dass wir diese Informationen mit Selbstbewusstsein aber auch mit Mitgefühl an andere weitergeben können.
Hört Nicht-Veganern zu, um zu lernen, wie man mit ihnen kommunizieren kann. Wir sollten Gemeinsamkeiten suchen, einen Ansatzpunkt, bei dem man anfangen kann. Erinnern wir uns daran, dass auf Lebensweisen auf pflanzlicher Basis zur Lösung vieler moderner Probleme beitragen können. Wir können uns selbst etwas schlau machen über die Vorteile veganer Lebensweisen, so dass wir diese Informationen mit Selbstbewusstsein aber auch mit Mitgefühl an andere weitergeben können.
z.B.: Eine gut geplante Ernährung auf
pflanzlicher Basis kann uns dabei helfen, Empfehlungen für gesunde Ernährung
einzuhalten, z.B. für den Verzehr von Fetten, Obst und Gemüse. Im Vereinigten Königreich
bräuchten wir mit einer gut geplanten veganen Ernährung nur je ein Drittel des
Trinkwassers, der landwirtschaftlichen Nutzfläche und der Energie verglichen
mit der hier üblichen Ernährung. Die Vereinten Nationen haben aufgezeigt, dass
mit der Menge an Kalorien, die wir dadurch verschwenden, dass wir Getreide an
Tiere in der Landwirtschaft verfüttern, theoretisch 3,5 Milliarden Menschen
ernährt werden könnten – und die menschliche Bevölkerung wird bis 2050
wahrscheinlich 9 Milliarden erreichen. Die Tierzuchtindustrie ist weltweit
einer der drei Hauptverursacher aller von Menschen erzeugter Treibhausgase –
und der Klimawandel verursacht jetzt schon Hunger.
Falls nichts funktioniert, behaltet
euren Humor – und lernt hervorragenden Schokoladenkuchen zu backen und teilt
den dann mit Nicht-Veganern!
9)
Was, glaubst du, sind die Hauptgründe, warum Menschen wieder aufhören, vegan zu
leben? Denkst du, dass die vegane Bewegung insgesamt gewachsen ist und
weiterhin wächst?
Wir können das nicht sicher sagen,
aber der Druck, unter dem die Menschen in einer nicht-veganen Welt stehen, kann
für manche sehr schwer zu ertragen sein. Aber ingesamt, ja – wir denken, dass
die vegane Bewegung ein gesundes Wachstum hat!
10)
Oft gibt es Leute, die andere Ideen zur Definition von Veganismus hinzufügen
wollen, z.B. „Veganismus heißt Pazifismus“ oder „Veganismus sollte auch heißen,
dass man sich gesund ernährt“. Menschen mit den verschiedensten Hintergründen leben
vegan und die Definition von Veganismus gibt es ja schon. Was ist deine Meinung
dazu und könntest du uns die „offizielle“ Definition der Vegan Society von
Veganismus geben?
Es ist hilfreich, sich auf eine
grundlegende Definition von veganen Lebensweisen zu einigen. Wir bieten an:
„Vegane Lebensweisen sind
Lebensweisen, bei denen versucht wird – soweit wie möglich und durchführbar –
alle Arten der Ausbeutung von Tieren für Nahrungsmittel, Kleidung oder jegliche
anderen Zwecke zu vermeiden.“
Es ist auch hilfreich, sich daran zu
erinnern, dass der Zweck des Veganismus ist, Tieren zu helfen. Du musst kein
perfekter Mensch sein, um vegan zu sein!
Bei irgendwelchen Fragen, Kommentaren,
Informationen o.ä.... schreibt uns! info[AT]vegansociety.com