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Nährstoffempfehlungen für Veganer
Die folgenden
Empfehlungen und Mengen sind zur allgemeinen Orientierung gedacht. Du musst sie
nicht bis ins kleinste Detail einhalten.
1) Vitamin B12
Wähle eine der
folgenden Optionen (1–4):
- 2–5 µg zweimal täglich (angereicherte Lebensmittel oder Supplement) (5–12)
- 10–50 µg täglich (Supplement) (6, 10–15)
- 2000–2500 µg einmal pro Woche (Supplement) (7,11,12,16–18)
2) Calcium
Konsumiere
mindestens 600 mg Calcium pro Tag (2,19–28). Das kannst du einfach erreichen,
indem du täglich mindestens eine der folgenden calciumreichen Optionen
verzehrst. In den meisten Ländern liegt die Calciumempfehlung (Referenzwerte für die tägliche Zufuhr) aber bei ca. 1000 mg. Diese höhere Menge kann möglicherweise die Knochen besser schützen. Täglich etwa zwei der folgenden Optionen zu konsumieren scheint daher empfehlenswert.
- 1 Glass mit
Calcium angereicherte Sojamilch oder andere Pflanzenmilch (Angereicherte
Pflanzenmilch enthält üblicherweise 120 mg Calcium pro 100 ml – so wie Kuhmilch) (3,23,28–31)
- andere mit Calcium angereicherte Lebensmittel, z. B. Sojajoghurt, Sojaquark oder Orangensaft (23,28,30,32)
- 200 bis 400 g (1 bis 2 Tassen) gekochtes, dunkelgrünes Blattgemüse, das gleichzeitig calciumreich und oxalsäurearm ist, zum Beispiel:
- Pak-Choi
- Grünkohl
- Brokkoli (23,28,31)
- Löwenzahnblätter
- Brennnesselblätter
- (Spinat und Mangold sind keine guten Calciumquellen, weil sie viel Oxalsäure enthalten, die Calcium im Darm bindet.)
- ~ 500 g (2 bis 3 Tassen) Chinakohl
- 200 g Tofu (mit Calciumsulfat hergestellt) (23,28–31)
- calciumreiches Mineralwasser, das mindestens 300 mg Calcium pro Tag liefert (siehe Etikett) (33,34)
- ~ 6 getrocknete Feigen (~ 100 g oder ½ Tasse) + 3 Orangen (23)
In Mexiko und
Guatemala (und anderen einigen zentralamerikanischen Ländern) gibt es spezielle Mais-Tortillas, die nach sehr alter Tradition durch
sogenannte Nixtamalisation mit Calciumhydroxid (Ca(OH)2)
hergestellt werden. Diese sind eine sehr reichhaltige Calciumquelle. Die
in Deutschland erhältlichen Mais-Tortillas werden nicht so hergestellt und sind
keine gute Calciumquelle (35,
36, 37, 38, 39, 40–42) .
3) Vitamin D
Im Sommer:
- täglich 15–30
Minuten Mittags-/Nachmittagssonne – oder stattdessen alle paar Tage und für
längere Zeit. Dein Schatten sollte nicht viel länger sein als du
(d. h. nicht spät abends - da steht die Sonne zu niedrig). Vermeide
unbedingt Sonnenbrand.
oder
- ein Supplement
(wie im Winter) – am besten die Sonne aber nicht komplett meiden.
Im Winter (in Deutschland:
Okober/November bis Februar/März – der sogenannte Vitamin D-Winter)
- ~25 µg
(~1000 IU) Vitamin D täglich (Supplement; Vitamin D2 oder veganes
Vitamin D3) (2,3,23,28,43–50)
Der „Vitamin
D-Winter“ ist die Jahreszeit, während der der menschliche Körper kein Vitamin D
durch Sonnenbestrahlung bilden kann. Die Dauer des „Vitamin D-Winters“ hängt
von der Entfernung zum Äquator ab (Breitengrade).
„Vitamin
D-Winter“:
- Zwischen 35° nördlicher und 35° südlicher Breite (südlich von Gibraltar/Sizilien/Kreta; Afrika fällt komplett in diesen Bereich.): Es gibt keinen “Vitamin D-Winter”. Hier kann der Körper das ganze Jahr über bei (ausreichender) Sonnenbestrahlung der Haut Vitamin D synthetisieren (51).
- Zwischen 35° und 40° nördlicher Breite (Lisabon, Mallorca, Athen): Dezember und Januar
- Zwischen 35° und 40° südlicher Breite: Juni und Juli
- Zwischen 40° und 50° nördlicher (südlich von Frankfurt am Main) Breite: November bis Februar
- Zwischen 40° und 50° südlicher Breite: Mai bis August
- Nördlich von 50° nördliche Breite (nördlich von Frankfurt am Main): Oktober bis März (oder länger)
- Südlich von 50° südlicher Breite: April bis September (oder länger)
4) Jod
Wähle eine der
folgenden Optionen (2,3,45,52–60):
- 100–200 µg täglich (Supplement)
- Meeresalgen wie Nori oder Wakame, kleine Mengen, zwei bis dreimal pro Woche
- jodiertes Speisesalz (1 Teelöffel enthält 40–240 µg Jod – abhängig vom Land und der Marke, siehe Verpackung) (61–63). Eine hohe Salzzufuhr kann bei vielen Menschen den Blutdruck erhöhen – deshalb ist ein Supplement für die viele Menschen vorteilhafter.
Eine übermäßige
Jodzufuhr sollte vermieden werden!
5) Omega-3-Fettsäuren
Die folgenden
Empfehlungen sind für Männer gedacht – die im Allgemeinen mehr Kalorien zu sich
nehmen. Für Frauen – die im Durchschnitt weniger Kalorien
verzehren – reicht auch etwas weniger aus (die Hälfte bis drei
Viertel).
Wähle täglich
eine der folgenden Optionen (oder eine Mischung) (19,30,64–69) (ALA-reiche Lebensmittel):
- ~10 Walnüsse (= 20 Walnusshälften; ~40 g) (64)
- 1–2 Teelöffel Leinsamenöl (64)
- 2 Esslöffel gemahlene (geschrotete) Leinsamen (64,70,71)
- 1–2 Esslöffel Chiasamen (69,72–74)
- 1–2 Esslöffel Hanfsamenöl (64)
- ¼ Tasse Hanfsamen oder 1–2 Esslöffel geschälte Hanfsamen oder 2–3 Esslöffel Hanfmehl
- 2–3 Esslöffel Rapsöl (64)
Die oben
genannten Lebensmittel sind eine gute Quelle für die kurzkettige
Omega-3-Fettsäure ALA (alpha-Linolensäure). Es ist nicht klar, ob es für
Veganer gesundheitliche Vorteile mit sich bringt, wenn sie zusätzlich
langkettige Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA) supplementieren. Der menschliche
Körper wandelt ALA in EPA und DHA um, aber dieser Umwandlungsprozess ist sehr
ineffizient (besonders in Bezug auf DHA). Es wird gegenwärtig untersucht, ob
eine direkter Konsum von EPA und/oder DHA für die Prävention von Herzinfarkt
und/oder Demenz und/oder Depression wichtig ist. Aber es liegen bisher keine
eindeutigen Ergebnisse hierzu vor.
Aus diesem Grund
hier die optionale Empfehlung DHA zu supplementieren. Ob dies tatsächlich gut
(oder schlecht) ist, ist momentan schwer abzuschätzen.
Optional:
Halbiere die oben
genannten Mengen und verwende ein veganes DHA-Supplement (wird aus bestimmten Mikroalgen
hergestellt):
- 200–300 mg DHA alle zwei bis drei Tage (oder auch jeden Tag) (64,67–69,75–77)
6) Eisen
Sehr gute Quelle:
Hülsenfrüchte (26,78,79)
Zusätzliche
Tipps (besonders für Frauen im Menstruationsalter):
- Vitamin C gleichzeitig mit eisenreichen Lebensmitteln zu konsumieren verbessert die Eisenabsorption aus pflanzlichen Quellen (78,80–83).
- Kaffee oder Tee zu den Mahlzeiten verringert die Eisenabsorption (80–84).
- Tomatensoße (oder andere leicht säuerliche Soßen) in einem gusseisernen Topf zu kochen erhöht den Eisengehalt der Soße (83–86).
7) Zink
Sehr gute
Quellen: Hülsenfrüchte, Nüssen und Samenkerne (2,30,87,88).
8) Selen
Wähle (nur) eine
der folgenden Optionen (45,89–91):
- 1–2 Paranüsse täglich (92–95)
- 50–60 µg
Selen täglich durch ein Supplement (Selenomethionin) (92,95–100)
Eine übermäßige
Selenzufuhr sollte vermieden werden!
Wer in den USA, Kanada oder Venezuela wohnt, kann diese Empfehlungen ignorieren, da die Böden dort generell selenreicher sind (101–104). In Finnland wird Pflanzendünger („Kunstdünger“) mit Selen angereichert. Wer dort wohnt und viel „Nicht-Bio-Getreide“ verzehrt, kann diese Empfehlungen auch ignorieren (53).
9) Vitamin A (Provitamin A)
Sehr gute
Quellen: dunkelgrünes Blattgemüse, orangefarbenes Gemüse – besonders Karotten
(gekocht), Karottensaft, Kürbis oder orangefarbene Süßkartoffeln – und mit
geringerem Gehalt orangefarbenes Obst (Mangos, Papayas, Aprikosen) und rote
Paprika (3,45,105).
10) Protein
Sehr gute
Quellen: Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samenkerne (3,106–108). Hülsenfrüchte
(Sojamilch, Tofu, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Erdnussbutter, Sojamehl etc.)
oder Pistazien oder Hanfsamen oder Quinoa oder Amarant sollten täglich verzehrt
werden.
Nimm außerdem
genügend Kalorien zu dir (Fett, Kohlenhydrate und Protein liefern Kalorien).
Wenn du zu wenige Kalorien konsumierst, verwendet dein Körper das von dir
verzehrte Protein als Kalorien. Dies kann zu einem Proteindefizit führen und
dies kann wiederum dazu führen, dass du Muskelmasse verlierst.
Ein gesunder Lebensstil ist mehr als nur Ernährung ...
... ebenfalls: ausreichend Schlaf und Erholung, nicht rauchen und ein Vermeiden von Passivrauch und Luftverschmutzung (soweit möglich) sowie ein vermeiden von übermäßigem Alkoholkonsum, Drogenkonsum etc. Ebenfalls wichtig sind die sozialen Umstände wie Armut bzw. ausreichende finanzielle Mittel, zwischenmenschliche Beziehungen u. a.
Anmerkung:
Mit Ausnahme von
Personen, die an schweren metabolischen Störungen (wie bestimmten Enzymmängeln)
leiden, muss niemand im Alltag seinen Nährstoffbedarf ausrechnen. Die hier
aufgelisteten Empfehlungen sollen es Veganern – und Menschen, die ganz
oder teilweise vegan werden wollen – ermöglichen sich zu orientieren
und sich mit ihrer Ernährungsweise sicher zu fühlen. Die hier aufgeführten
Empfehlungen sind für Erwachsene gedacht.
Die weitere
Verbreitung von veganen Ernährungsweisen in den Mainstream der Gesellschaft
steht immer noch vor einigen Hürden – allen voran finanzielle
Interessen und eine Ablehnung veganer Ernährung aus ideologischen Gründen.
Aber auch Fehlinformationen (die innerhalb und außerhalb der veganen Community
weit verbreitet sind) sowie Studienergebnisse, die zeigen, dass bestimmte
Nährstoffe von vielen Veganern nicht ausreichend zugeführt werden (wie Vitamin
B12 oder Jod), bremsen eine rasche und zunehmende Ausbreitung der veganen
Idee.
Wissenschaftlich
fundierte vegane Ernährungsinformationen fördern die Gesundheit von Veganern
sowie die Glaubwürdigkeit veganer Akteure. Wissenschaftlich fundierte
vegane Ernährungsinformationen nehmen darüber hinaus Menschen, die an
veganer Ernährung interessiert sind, ihre Befürchtungen, dass bestimmte essenzielle
Nährstoffe nur über tierische Lebensmittel zugeführt werden könnten. Das ist
nicht der Fall.
Bei jeder
Ernährungsform sollten bestimmte Dinge beachtet werden. Bei veganer Ernährung
müssen vegan-spezifischen Dinge beachtet werden. Vegane Ernährung ist ein
relativ junges Ernährungsmuster und ein grundlegendes Wissen hierzu - über
bestimmte wichtige Nährstoffquellen - gehört gegenwärtig noch nicht zur
Allgemeinbildung, auch nicht unter Ernährungswissenschaftlern. Aber das wird
sich hoffentlich bald (und schnell) ändern.
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